Frank Berger

Der in Leipzig lebende Fotograf Frank Berger positioniert sich in größeren zeitlichen Abständen immer wieder für Tage gegenüber der Einfahrt des Großschlachthofes Weißenfels in Sachsen- Anhalt, Teil der Tönnies-Holding, eines der weltweit größten Unternehmen der Fleischindustrie. Im Geschäftsjahr 2021 wurden in den Betrieben dieser Unternehmensgruppe 20,24 Millionen Schweine geschlachtet. Hervorgegangen ist die Holding – dies ist eine echte bundesdeutsche Erfolgsgeschichte – aus einem 1971 im nordrhein-westfälischen Rheda gegründeten Fleischereibetrieb. Von einem festen Standpunkt aus dokumentiert Frank Berger in strenger Serialität alle in den Schlachthof Weißenfels ein- und ausfahrenden Transporte. Als Dia bzw. Videoprojektionen präsentiert, sprechen diese Bildfolgen nicht nur von den Umständen des Transports, den Mengen und Rhythmen von Anliefern, Töten, Zerlegen und Abtransportieren. Aus den Beschriftungen der Fahrzeuge wird auch das weitgefächerte Firmengeflecht des Tönnies-Konzerns erahnbar.¹

In Weißenfels wurde für 2023 die Schließung der Export-Abteilung, spezialisiert auf die Lieferung von »Öhrchen, Schnäuzchen oder Schwänzchen der Schweine«, angekündigt.² Grund dafür sei ein im September 2020 verhängtes Exportverbot von deutschem Schweinefleisch nach Asien. Im April 2021 wiederum war gemeldet worden, dass Tönnies eine Genehmigung für die Errichtung eines vollautomatischen Schlachthofs in der spanischen Region Aragonien erhalten habe. Diese Anlage, die im Herbst 2023 in Betrieb gehen solle, würde 75 Millionen Euro kosten und eine Fläche von knapp 30 Hektar, das entspricht etwa 42 Fußballfeldern, einnehmen.³ Während Umweltschutzaktivist:innen in der Region Widerstand leisten, hoffen politisch Verantwortliche auf die wirtschaftliche Belebung der an Infrastruktur armen Gegend.⁴ Es sind häufig solch alternativarme Regionen, in denen Unternehmen mit etwas Geld für ortsansässige Sport oder Feuerwehrvereine und vermeintlich großzügige Straßenausbauten lokale Akzeptanz herstellen. 30 Hektar ist übrigens jene tägliche, maximale Flächenneuinanspruchnahme, die laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) 2030 erreicht werden soll. Zurzeit sind es 55 Hektar Fläche, die in Deutschland täglich für Siedlung und Verkehr neu belegt werden.⁵