Felix Bielmeier

Die Übung (Palpation) / Versuch über die magischen Umwelten /  Zur Verringerung der Notwendigkeit
  • Übung (Palpation), 2023, Video, 16:9, 00:07:50, Loop
  • Ohne Titel (Schweinepfeife), 2023, aus: Versuch über die magischen Umwelten, 2023, C-Print, 70 × 56 cm
  • Ohne Titel (Bruchwald), 2023, aus: Versuch über die magischen Umwelten, 2023, C-Print, 53 × 43 cm
  • Ohne Titel (Hypertroph 2), 2023, aus: Versuch über die magischen Umwelten, 2023, C-Print, 37,5 × 30 cm
  • Ohne Titel (Weidenblättrige Birne), 2023, aus: Versuch über die magischen Umwelten, 2023, C-Print, 150 × 125 cm
  • Igel, aus: Zur Verringerung der Notwendigkeit, 2023, C-Print, 43,75 × 35 cm
  • Rope, aus: Zur Verringerung der Notwendigkeit, 2023, 10 C-Prints, 43,75 × 35 cm
  • Stern, aus: Zur Verringerung der Notwendigkeit, 2023, 10 C-Prints, 30 × 24 cm
  • Ball, aus: Zur Verringerung der Notwendigkeit, 2023, 10 C-Prints, 43,75 × 35 cm

Über welche Wahrnehmungssysteme das Schwein mit seiner Umwelt in Verbindung steht und über welche Bewusstseinspotenziale es verfügt, interessiert die Wissenschaft noch nicht sehr lange. Als Ergebnis solcher Forschungen darf man wohl die Erkenntnis verstehen, dass sich das Schwein auf 0,75 Quadratmetern Stallfläche je Tier auch unter Beigabe einer beweglichen Kette langweilt. So wird ihm also in Haltungsform-Stufe 2 auf seinen nun 0,825 Quadratmetern Stallfläche – weniger als die Grundfläche des Laufgitters eines Krabbelkindes – Beschäftigungsmaterial zuerkannt, das Organischem nachempfunden ist.¹ Dem widmet sich Die Verringerung der Notwendigkeit, einer der drei Beiträge des in Leipzig lebenden Künstlers Felix Bielmeier. Nach einer Ausbildung als Koch war er als solcher tätig, bevor er Fotografie studierte. Er nähert sich dem Schwein auch vor dem Hintergrund biografischer Erfahrung: Wer in der Stadt aufgewachsen ist, erinnert sich möglicherweise an die Momente ersten direkten Bodenkontakts, des Im-»Dreck«-Liegens. Dass wir über Billionen von Mikroorganismen mit unserer gesamten Umgebung, also auch mit dem Boden und nichtmenschlichen Tieren in Austausch stehen, wird vielleicht in solchen »bodennahen « Momenten begreifbar.

Für Bielmeier geschah das während einer Wehrdienstübung. Für seine Versuche, sich der bodennahen Wahrnehmung eines Schweins anzunähern, steht eine Reihe von fotografischen Aufnahmen, die unter dem Titel Versuch über die magischen Umwelten den paradoxen Versuch unternehmen, dem Schwein in vergleichbaren Interessen an der gewachsenen Umwelt, an Pilzen, Gräsern und Früchten zu begegnen.

In Die Übung (Palpation) verfolgt der Künstler das, wie er es nennt, quasi fotografische Abtasten und Berühren des narkotisierten Schweins während einer tiermedizinischen Übung: »Zärtlich gezielte Berührung als Notwendigkeit für die Erkenntnis« bildet den Kontrast zu seiner früheren Tätigkeit als Koch.

¹ https://www.haltungsform.de (Zugriff: 10.4.2023).

Biografie

*1987, Nürnberg; lebt in Leipzig

• 2004–2020 Ausbildung und Arbeit als Koch • 2013–2020 Studium der Fotografie, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig

A 2020 Die Möglichkeit eines Mammuts, Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (E); Unter Uns – Bildproduktion im Mansfelder Land, Werkleitz Festival, Hettstedt; Bresche, Künstlerhaus Frise, Hamburg (mit Philip Kanwischer) • 2019 Zufall und Notwendigkeit, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig (E); Moderne. Ikonografie. Fotografie. Das Bauhaus und die Folgen 1919–2019, Kunstmuseum Kloster Unserer Lieben Frauen, Magdeburg (K); Bauhaus_Sachsen, Grassi Museum für Angewandte Kunst, Leipzig (K); • 2017 Nützlichkeit ist keine Ursache, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (E)