Marek Pozniak, SCHWEIN GEHABT, 2023
Im Jahr 2023 habe ich beschlossen, eine für mich interessante Therapie zu machen: eine Kombination aus Meditation und Hypnose.
Aus welchem Grund? Ich habe seit Jahren nichts geträumt. Und dann hatte ich noch die Angst vor Blut. Nach zwei Sitzungen mit der Therapeutin habe ich angefangen, wild zu träumen. Mein erster Traum war eine Mischung aus Albtraum und Klartraum – es handelte sich um das Schlachten eines Schweins. Im Traum wusste ich, dass ich die Situation schon erlebt hatte, aber in Wirklichkeit habe ich keine Erinnerung daran.
Ich war wohl noch sehr jung – vielleicht vier Jahre alt. Das Schwein wurde durch einen Hof gezerrt und hat schreckliche Laute von sich gegeben – das erschreckte mich sehr. Aus meiner angeborenen Neugierde heraus habe ich das Geschehen weiterverfolgt. Das Schwein wurde mit einem großen Hammer zu Boden geschlagen, dann mit Leinen an einer Art Galgen befestigt, und schließlich wurde ihm mit einem großen Messer der Hals durchstoßen Ich erstarrte, konnte mich nicht bewegen, aber der Metzger handelte weiter. Als Nächstes schnitt er den Bauch des Schweins auf, und ich wohnte dem Ganzen bei. Plötzlich sah mich jemand und brachte mich schnell „in Sicherheit“. Ich bin schweißgebadet wachgeworden.
Was für eine Geschichte, dachte ich. Am nächsten Tag traf ich bei einer Ausstellungseröffnung in der Galerie Johanna Breede Photokunst in Berlin Inka Schube, die ich seit etwa 30 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich habe ihr von meinem schrecklichen Traum erzählt, und sie hat mich gebeten, diesen aufzuschreiben.
Lange hatte ich nicht verstanden, warum ich kein Fleisch essen konnte – obwohl ich nie wirklich Vegetarier war –, nach dem Traum habe ich einiges realisiert.
Es ging wohl um ein Kindheitstrauma. Essen – das war kein Problem, ich aß alles gerne. Mein erster Job in Berlin als Fotograf: Fleisch- und Wurstaufnahmen für die Fleischerei Reichelt. Der Leiter, voller Stolz, zeigte mir die Produktionsstätte, und ich, blass und zitternd, habe die ganze Zeit weggeschaut. Zum Schluss drückte er mir ein 3-Kilogramm-schweres Fleischstück in die Hand, um ein Foto in Plakatgröße zu machen. Zu der Zeit konnte ich rohes Fleisch nicht anfassen, denn schon der Anblick der Fleischmarmorierung war für mich eine Qual. Zum Glück hatte ich einen Auszubildenden als Helfer, der keine Angst vor Fleisch hatte. Auf meine Frage hin, warum er so einen schrecklichen Beruf erlernen wollte, sagte er, das sei doch nur Fleisch. Das ehemalige Lebewesen war für ihn unwichtig. Das Fleischfoto gelang dann doch, und noch viele Jahre habe ich mein erstes, von mir fotografiertes Stück Fleisch auf Werbeplakaten gesehen.
Mit der Zeit habe ich mich an den „Anblick des Todes“ gewöhnt und mehrere hundert Fotos für Werbezwecke gemacht. Bei den ersten 20 Aufnahmen musste ich immer wieder pausieren, um Luft zu schnappen – ich falle leicht in Ohnmacht –, aber dann ging es.
Nach wie vor esse ich kein Schweinefleisch, und ich verstehe immer weniger die Machenschaften der Fleischindustrie. Vor allem habe ich kein Verständnis für uns Menschen, die wir das Leid der Schweine (Tiere!) unterstützen."